Kommt ein Mann – leicht zerschlissene Kleinder – in den U-Bahn-Wagon.
“Meine Lieben, ihr hört hier viele traurige Lebensgeschichten. Meine ist zu wenig traurig, um euch zu beeindrucken. Aber ich brauche Geld. Wer will, der gibt.”
Ich will (geben).
Da ist immer wer, der ein Steak in die Pfanne bringt, immer wer, der weiss, wie man einen Zahnpastafleck aus dem Hemd bringt, immer wer, der einen Server aufsetzen kann, immer wer, der weiss, was zu tun wäre, wenn man es nur wollte.
Essen aus dem Aball: Einladung zur Tafel, alles sei dem Abfall entnommen. Aber wenn ich bei den (amerikansichen) Burgers esse, erlebe ich Essen als Abfall. Ehrlich gesagt, mir reicht das schon.
Der irische Songwriter Andrew Hozier-Byrne hat den Song – Take Me To Church – als Zeichen seines Protestes gegen die Katholische Kirche (Irlands) geschrieben. Er kritisiert insbesondere die andauernde Schieflage der katholischen Sexualmoaral.
My church offers no absolutes
She tells me: Worship in the bedroom
The only heaven I′ll be sent to
Is when I'm alone with you
Henning May von Annen Mey Kantereit bietet meine favorisierte Version dieses Songs: Youtube, Cover…
Zum Projekt Schieflage (Beta-Version)…
Einladung. Small Talk. Sogar die Häppchen zum Weisswein sind vermutlich Produkt eines Design-Prozesses. Belanglosigkeiten so weit die Sinne reichen. Am Nebentisch, die unvermeidliche Frage. “Wie geht’s dir?”. “Kompliziert, chronische Krankheit.” “Oh nein, das tut mir aber leid.” “Muss dir nicht leid tun. Ich lebe gut damit. Ich lebe gut damit”.
Schieflagen als Normalität? Tourismus an sich ist eine Schieflage. Das zeigt der Zwischenfall im Alpstein beispielhaft. Zwei Touristen melken auf der Alp eine Kuh. Oder versuchen es zumindest. In dieser Szene (siehe Artikel) ist alles enthalten, was Tourismus als Schieflage auszeichnet. Aber zugegeben, es ist nicht einfach, für sich Reiseperspektiven zu entwickeln. Mein Blog-Beitrag dazu: “Reisen”…
Verbinden sich Schiefheiten untereinander, entstehen Schieflagen. Schiefheiten sind klein, unscheinbar. Schieflagen sieht man dir an. Unmerklich nisten sie in deinem Alltag ein, bevölkern schliesslich ungefragt deine Biografie. Du kämpfst mit einer Angst, von der deine Umgebung sagt, sie sei nicht nötig. Du hoffst auf etwas, von der deine Umgebung sagt, es sei Illusion. Du bist im Sommer traurig. Du bist glücklich, den Flug verpasst zu haben: die Reise nach Hause. Schiefheiten, sie lassen sich letztlich nicht (er)klären. Es sind die Haarrisse des Alltags.
Meinen Alltag verbringe ich in einem Dorf und im Kiez einer Grossstadt. An beiden Orten erlebe ich Nachbarn, die von sich sagen, einsam zu sein. Die Art, wie sich Einsamkeit in der Grossstadt andeutet, überrascht mich. Es ist eine beredte Einsamkeit. Dialog im Back & Snack, Berlin:
A: “Du bist mittendrin. Aber es gibt doch niemanden.”
B: “Wenn es niemanden gibt, ist es besser, wenigstens mittendrin zu sein.”
A: “Nein. Mittendrin fällt dir stärker auf, wie allein du bist.”